Prof. Dr. Hartmut Heller zum Gedächtnis

Mit tiefer Bestürzung haben das Department Geschichte und der Lehrstuhl für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte erfahren müssen, dass Prof. Dr. Hartmut Heller am 21. April 2020 an den Folgen einer tückischen Infektion verstorben ist.

Prof. Dr. Hartmut Heller wurde am 21. Mai 1941 in Heidelberg geboren. Nach dem Studium der Geographie, Germanistik, Geschichte und Volkskunde an den Universitäten Erlangen und Tübingen wurde er 1970 mit einer sozialgeographischen Untersuchung über die Peuplierungspolitik der Reichsritterschaft im Steigerwald promoviert. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Wissenschaftlicher Assistent an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Kiel, dann als Gymnasiallehrer in Würzburg und Fürth kehrte er 1974 an die Friedrich-Alexander-Universität zurück, wo er die Vertretung des Faches Landes- und Volkskunde an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät übernahm. 1997 wurde er auf die C 3-Professur für Landes- und Volkskunde berufen, die er bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Jahre 2006 innehatte. Von 1999 bis 2001 wirkte er als Prodekan, von 2001 bis 2003 als Dekan der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät engagiert an der akademischen Selbstverwaltung der Friedrich-Alexander-Universität mit und war an der Gründung des Zentralinstituts für Lehr-/Lernforschung (ZiLL) beteiligt. Außerdem war er Mitglied bzw. Vorstandsmitglied des Instituts für anthropologisch-historische Bildungsforschung, der Sektion Franken des Zentralinstituts für Regionalforschung und des IZ Dialektforschung. Als äußerst beliebter akademischer Lehrer betreute Hartmut Heller beinahe 400 Examensarbeiten, die wertvolle Bausteine zur fränkischen Landeskunde bereitstellen.

In seinen Forschungen widmete sich Hartmut Heller einem breiten Spektrum von Arbeitsfeldern. Neben klassischen volkskundlichen Themen wie Volksfrömmigkeit und Sage, Aberglauben und Volksmedizin, Schulfeste und Schülerbräuche bearbeitete er, angefangen mit seiner grundlegenden Arbeit über die Peuplierung in reichsritterschaftlichen Dörfern und einer 1970 erschienenen Studie über die Entwicklung der Kleinstädte Herzogenaurach und Höchstadt an der Aisch, immer wieder Forschungsfelder der fränkischen Landesgeschichte, die von seinem durch die Sozial- und Kulturgeographie geprägten interdisziplinären Zugriff profitierten. Sein besonderes Interesse galt der Geschichte der Migration etwa von Glaubensflüchtlingen und ihren regionalen Nachwirkungen. Ein Schwerpunkt seiner Forschungen war über viele Jahre die Geschichte der „Beutetürken“, die in den Türkenkriegen des 17. und 18. Jahrhunderts nach Mitteleuropa verschleppt wurden und in Franken wie in anderen Regionen Deutschlands bis dahin kaum beachtete Spuren hinterlassen haben.

Prof. Hartmut Heller war aktives Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher und kultureller Vereinigungen. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle die Gesellschaft für fränkische Geschichte, der er als Wahlmitglied angehörte, der Frankenbund e.V., die Fränkische Geographische Gesellschaft und die Sektion Franken des Zentralinstituts für Regionenforschung, an deren Sitzungen er bis zuletzt gerne teilnahm. Seit 1980 wirkte er an den interdisziplinären „Matreier Gesprächen zur Kulturethologie“ mit, deren wissenschaftliche Leitung er zusammen mit der Herausgabe der Tagungsbände von 2002 bis 2010 übernahm. Seine Verdienste um die fränkische Landeskunde wurden u.a. mit dem Wolfram-von-Eschenbach-Kulturpreis des Bezirks Mittelfranken, dem Großen Goldenen Bundesabzeichen des Frankenbundes und der Medaille für vorbildliche Heimatpflege des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege gewürdigt; im Jahre 2007 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Prof. Hartmut Heller wird allen, die ihn kannten, als überaus liebenswürdiger Kollege und akademischer Lehrer in Erinnerung bleiben. Wir gedenken seiner in großer Trauer. Seinen Angehörigen gilt unser tiefempfundenes Mitgefühl.

Georg Seiderer