Forschung
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Hier erhalten Sie nähere Informationen zu den aktuellen und abgeschlossenen Forschungsprojekten in der Alten Geschichte
- Aktuell erhielt der Lehrstuhl eine DFG-Förderung zur Erschließung der Quellen zum Laurentianischen Schisma (2023-2026).
- Zuletzt wurden DFG-geförderte Verbundprojekte über das hellenistische Priene (2008–2012) und über „Gotische Kriegergruppen im spätrömischen Reich“ (2009–2015) sowie zwei Buchprojekte – der Sammelband „Kultträume. Studien zum Verhältnis von Kult und Raum in alten Kulturen“ (2018) sowie eine Biographie über Theoderich den Großen (2018) erfolgreich abgeschlossen.
- Der Lehrstuhl ist außerdem im Rahmen der AG „Antike Global“ engagiert (zur Website).
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat dem Lehrstuhl für Alte Geschichte ein Projekt zum Thema „Quellen zum Laurentianischen Schisma. Einleitung, Übersetzung und Kommentar“ bewilligt. Über mehrere Jahre herrschten zwei Päpste gleichzeitig in Rom, was nicht nur kirchengeschichtlich bedeutsam ist, sondern auch Grundsatzdebatten auslöste, die auch heute noch relevant sind.
Ab August wird Dr. Simone Mehr die Arbeit im Projekt aufnehmen: Sie wird sich Quellen widmen, die sich mit der Kirchenspaltung in Italien zur Zeit der Ostgoten beschäftigen, sie übersetzen und kommentieren. Prof. Hans-Ulrich Wiemer leitet das Projekt, das auf eine Laufzeit von drei Jahren angelegt ist.
Wie kam es zu der Kirchenabspaltung?
Am 22. November des Jahres 498 wurden nahezu gleichzeitig zwei Personen zu Nachfolgern des Papstes Anastasius II. (496-498) gewählt: Eine Mehrheit des römischen Klerus wählte in San Giovanni in Laterano den Diakon Symmachus, eine starke Minderheit in Santa Maria Maggiore den Archipresbyter Laurentius. Um ein Schisma zu vermeiden, wandte man sich an den damaligen Herrscher Italiens, den gotischen König Theoderich – obwohl dieser einer anderen „Konfession“ angehörte. Theoderich bestätigte im März 499 Symmachus. Laurentius gab nach und ließ sich zum Bischof von Nuceria weihen.
Damit war der Streit jedoch noch lange nicht beendet. Da römische Kleriker und Senatoren schwere Vorwürfe gegen Symmachus erhoben, zitierte ihn Theoderich 501 erneut in seine Residenz Ravenna. Da der Papst dort nicht erschien, berief der König eine Synode nach Rom ein, die über diesen zu Gericht sitzen sollte; zugleich suspendierte er ihn für die Dauer des Prozesses. Symmachus stellte sich dieser Synode jedoch nicht. Man stritt monatelang darüber, ob man das Verfahren in Abwesenheit des Angeklagten eröffnen solle oder nicht, bis eine Mehrheit am 23. Oktober 502 beschloss, das Urteil über Symmachus Gott anheimzustellen. Der Streit um seine Person dauerte jedoch fort, und Laurentius kehrte mit Unterstützung einflussreicher Senatoren nach Rom zurück.
Welche Folgen hatte das Schisma?
Bis 506 herrschten daher zwei Päpste in Rom; ihre Anhänger bekämpften sich heftig, auch mit Gewalt, bis Theoderich Laurentius im Herbst 506 absetzen ließ. Gleichwohl lehnte ein Teil von Klerus und Senat Symmachus bis zu dessen Tod im Jahre 514 ab. Das Schisma ist auch deswegen bedeutsam, weil es kontroverse Debatten über grundsätzliche Fragen auslöste, die weit über sein Ende hinaus umstritten blieben: Die Verwendung des Kirchenvermögens, die Kompetenz von Synoden, die Justiziabilität des Papstes, die Rolle von Laien in der Kirche, das Verhältnis zwischen weltlicher Herrschaft und Kirche.
Die Ereignisse und ihre diskursive Bearbeitung haben sich in Akten und Briefen, in polemischen Traktaten und in (teilweise fiktiven) Biographien römischer Bischöfe niedergeschlagen. Das Projekt hat zum Ziel, diese Dokumentation durch Übersetzung und Kommentar zu erschließen.
DFG-Projekt »Gotische Kriegergruppen im spätrömischen Reich«
Das Projekt »Gotische Kriegergruppen im spätrömischen Reich« (Leitung: Prof. Dr. Hans-Ulrich Wiemer) ist ein Teilprojekt der DFG-Forschergruppe Gewaltgemeinschaften, das an der Justus-Liebig-Universität Gießen beheimatet ist. Es wird unter der Mitarbeit von Dr. Guido M. Berndt am Lehrstuhl für Alte Geschichte an der FAU Erlangen-Nürnberg durchgeführt. Gegenstand des Forschungsprojekts sind Kriegergruppen, die sich an der Peripherie und auf dem Boden des spätrömischen Reiches aufhielten und in den Quellen als »Goten« bezeichnet werden. Ziel ist es, die Entstehung, das Selbstverständnis, die innere Ordnung und schließlich das Vergehen dieser Kriegergruppen zu untersuchen. Im Zentrum steht die Frage, welche Rolle Gewalt für ihr Aufkommen und ihre Reproduktion spielte.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte auch die Internetpräsenz des Forschungsprojekts.
DFG-Projekt »Soziokultureller Wandel im hellenistischen Priene«
Projektbeschreibung
Die ionische Polis Priene bietet ausgezeichnete, aber bislang nicht hinreichend genutzte Voraussetzungen, um die Frage nach Kontinuität und Diskontinuität in der Entwicklung der hellenistischen Polis am Beispiel einer einzelnen Stadt zu überprüfen und zu vertiefen. Die deutschen Ausgrabungen in der Stadt seit 1895 haben eine reiche Ausbeute an hellenistischen Inschriften erbracht, von denen insbesondere eine Vielzahl von Ehrendekreten die soziale Strukturen und kulturelle Praktiken in dieser Polis in einer für die hellenistische Zeit seltenen Dichte beleuchten. Dieses reiche Material gehört seit langem zum Kernbestand der für überregional ausgerichtete Untersuchungen herangezogenen Quellen. Es ist jedoch für sozial- und kulturgeschichtliche Fragen noch längst nicht erschöpfend ausgewertet worden, zumal die epigraphische Dokumentation kaum je als ganze in den Blick genommen wird.
Gleichzeitig ist der archäologische Befund der hellenistischen Zeit außerordentlich gut erhalten und wird auch aktuell im Rahmen des SPP 1209 intensiv erforscht ( Priene im Hellenismus. Interdependenzen urbanistischer Veränderungen im hellenistischen Priene), was exzellente Möglichkeiten zur interdisziplinären Zusammenarbeit eröffnet.
Das hellenistische Priene zeigt sich in seiner epigraphischen Überlieferung als vitale Bürgergemeinde mit demokratischer Verfassung. Bei der mittelgroßen Polis handelte es sich um eine aus moderner Sicht kleine Stadt mit vielleicht um die 1000 Bürgern, die dennoch in der Lage war, allein im politischen Bereich eine Zahl von wahrscheinlich mehr als 100 öffentlichen Funktionsstellen im jährlichen Wechseln zu besetzen. Daher muss hier die Bereitschaft der Bürger zur politischen Partizipation durchgehend hoch gewesen sein.
Dabei blieb die Polis stets auf das besondere Engagement ihrer vermögenden Oberschichten angewiesen, da sie nicht ausreichend staatliche Einnahmen generierte, um aufwendige öffentliche Vorhaben aus eigenen Mitteln finanzieren zu können. Der ritualisierte Austausch von Leistungen gegen Ehrungen (Euergetismus) erlaugte es, diesen Personenkreis in den Bürgerverband integriert werden, ohne das demokratische Ideal der politischen Gleichheit zu verletzen. Als Wohltäter der Stadt erhielten die Angehörigen der Eliten eine soziale Prominenz, welche sich aber nicht in einer formalisierten politischen Vorrangstellung niederschlug.
Innerhalb dieses Rahmens zeigen sich aber die auch für andere Poleis im späten Hellenismus festgestellten Tendenzen zu einer stärkeren Aristokratisierung der Gesellschaft. Die Ausführlichkeit des Euergetenlobs in den Ehrendekreten wächst, und mit ihr steigen Quantität und Qualität der verliehenen Privilegien. Der informelle Einfluss der Euergeten auf die Politik der Stadt nimmt zu und die Grenzen zwischen öffentlichen und privaten Bereichen verschwimmen. Aber erst nach den Mithradatischen Kriegen findet sich mit der Aufnahme von Personen mit römischen Hintergrund in die Honoratiorenschicht der Stadt ein Anzeichen für den grundlegenden Wandel hin zur Provinzstadt
Weitere Forschungsprojekte von Prof. Wiemer
Folgende aktuelle Buchprojekte unter abgeschlossenen Verträgen sind das Ergebnis der verschiedenen Forschungsprojekte von Herrn Professor Wiemer:
- „Theoderich der Große und seine Zeit“, Monographie im allgemeinen Programm des Verlages C. H. Beck (München) – abgeschlossen
- „Brill’s Companion to Julian the Apostate“ (Herausgeberschaft, zusammen mit Stefan Rebenich), Sammelband mit Beiträgen verschiedener Autoren aus sechs Ländern im Verlag Brill (Leiden – Boston) – abgeschlossen
- Oikumene. Historische Semantik eines Begriffs (Monographie) – noch laufend