Ausstellung „Völkermord an Rom:nja in Belarus 1941-1944“

Symbolbild zum Artikel. Der Link öffnet das Bild in einer großen Anzeige.

Die Ausstellung „Völkermord an Rom:nja in Belarus 1941-1944“ wurde im Melanchthon-Gymnasium Nürnberg vom 09. November bis 08.12 gezeigt. Leo Stöcklein, Mitarbeiter des Projekts, gab dem Lehrerkollegium des Faches Geschichte eine Schulung über die Inhalte der Ausstellung und kontextualisierte diese durch aktuelle Fragen der belarussischen Geschichtspolitik und Geschichtskultur. Die Lehrkräfte integrierten in der Folgezeit die Ausstellung in den eigenen Unterricht durch Workshops und Führungen.

Am 24.11. hielt Valiantsina Raketskaya, Mitarbeiterin des Projekts und Psychologin (M.Sc.), einen Gastvortrag während des Seminars „Geschichte im Denkmal“ des Lehrstuhls Didaktik der Geschichte. Sie erörterte theoretische Fragen von Trauma und Resilienz mit praxisbezogenen Beispielen in der Erinnerungsarbeit „vergessener“ Opfer des zweiten Weltkriegs in Belarus. Exemplarisch stellte Raketskaya die Biografie von Galina Alexandrowitsch vor, welche als kleines Kind den deutschen Besatzern nur knapp entkommen war und in Eigenregie nach 1945 den Ort der Erschießung ausfindig machte, um wenig später aus eigenen Mitteln an jener Stelle ein Denkmal in Erinnerung an ihre ermordete Familie zu errichten.

Vom 08. bis 22. Dezember wird die Ausstellung im Foyer der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg gezeigt. Am Tag der Ausstellungseröffnung reiste eine vierköpfige Delegation, darunter zwei Roma, eine Mitarbeiterin des Büros für nationale Minderheiten und ein Mitarbeiter der Geschichtswerkstatt Minsk, aus Belarus im Rahmen einer einwöchigen Reise durch Deutschland nach Nürnberg.

 

Artur Gomonow, Vorsitzender der belarussischen Roma-Diaspora und leitender Projektpartner, hielt vor 15 Student:innen nach einführenden Worten des Dozenten Leo Stöcklein einen Vortrag. Bei der einleitenden Begrüßung verdeutlichte Leo Stöcklein die Dringlichkeit der Gedenkarbeit vor dem Hintergrund einer neu erschienenen Studie der Stiftung EVZ, bei der 60% der Befragten angaben, keinen konkreten Ort für den Völkermord an Sinti und Roma nennen zu können. Gomonow berichtete von seinen Tätigkeitsfeldern und Schwerpunkten der über 25jährigen Arbeit für die Minderheit in Belarus und betonte den hohen Stellenwert der Ausstellung, welche als erste überhaupt den Völkermord an Roma während des zweiten Weltkriegs in Belarus in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht habe. Die Ausstellung wurde innerhalb eines Jahres in über 12 verschiedenen großen Städten von Belarus gezeigt. Auf Nachfrage der Studierenden erklärte Gomonow, warum es lediglich drei Denkmäler für Roma in Belarus gebe und welche Probleme für die zukünftige Erinnerungsarbeit mit voranschreitendem zeitlichen Abstand zum Nationalsozialismus verbunden seien. Gomonow sprach dabei ebenso vor interessierten Zuhörer:innen des Lehrstuhls Didaktik der Geschichte sowie Gästen des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Bayern.

 

 

 

Die Begehung der Ausstellung wurde durch einen Vortrag von Frank Brendle, deutscher Projektleiter des Bildungswerks für Friedensarbeit, begleitet, der anhand der Biographien der interviewten Zeitzeug:innen die Komplexe „Täter und Opfer des Vernichtungskrieges“, „Widerstand und Selbstbehauptung“, „Kollaboration und Hilfeleistung“ exemplifizierte. Dabei erläuterte Brendle auch das Leben der Rom:nja in Belarus vor 1941 und die gesellschaftliche Situation der Rom:nja im heutigen Belarus.

 

 

 

Am Nachmittag besuchte die Delegation das Büro des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma und führte gewinnbringende Gespräche mit den Vorsitzenden Erich Schneeberger und Roberto Paskowski. Den Abschluss des Tages bildeten Rundgänge auf dem Reichsparteitagsgelände und im Saal 600 des Memorium Nürnberger Prozesse sowie ein Besuch des Mahnmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma am historischen Ort des Kunst- und Kulturvereins, wo 1935 die „Nürnberger Rassegesetze“ verabschiedet wurden.